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GESCHICHTE Penjing, Bunjin und die Geschichte des Bonsai
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Penjing, Bunjin und die Geschichte des Bonsai

 

Drehen wir die Zeit um 5000 Jahre zurück. Seinerzeit entstanden in China die ersten flachen Gefäße, sogenannte Pen, die aus Steinzeug gehauen waren und zeremoniellen Zwecken dienten. Schon sehr früh erkannte man in China die Macht der Naturelemente Wasser, Feuer, Holz, Metall und Erde. Es sollte aber noch tausende Jahre dauern, bis die ersten Naturlandschaften nach diesen Elementen ausgerichtet in flachen Gefäßen präsentiert wurden. Die Idee war, mit diesen Landschaften eine optische Weite zu erzeugen und den Zugang zur Natur zu finden. Die nach heutiger Kenntnis ältesten Bäume in Töpfen entstanden vor etwa 1300 Jahren und waren gesammelte Bäume aus der Natur, die in ihrer Gestaltung zunächst wenig an Bonsai erinnerten. Man entwickelte Techniken, um sie mit Draht und Bambusstäben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten und pflanzte sie mit kleinen Felsen in Tablettartige Gefäße. Etwa hundert Jahre später brachten buddhistische Wandermönche die ersten Bonsai, Penjing nach Japan. Fasziniert von dieser Gartenkunst verfeinerten die Japaner diese Penjing und brachten ganz neue und bemerkenswerte Gestaltungen hervor. Nach dem Zen-Buddhismus konnte nur ein reduzierter und von Hand gestalteter Baum in einer Schale in angemessener Form die Naturelemente und somit das Universum präsentieren. 

 

     Die Weiterentwicklung dieser Pflanztechnik entwickelte sich rasant und schon Ende des 18. Jahrhunderts fanden jährliche Ausstellungen der Bäume in Kyoto statt. Meist handelte es sich um Kieferbonsai, die sich einem Publikum und einer Bewertung stellen mussten. Die japanische Stadt Takamatsu zählt zu einer der ältesten Anzuchtgebiete für Kieferbonsai, die schon damals auf Anzuchtfeldern kultiviert wurden. Es entstanden unterschiedliche Gestaltungsstile, die verschiedene Größen und Formen in Kategorien sortierten. Gegen Ende der Edoperiode wandte man sich gegen die künstlich gestaltete Bonsaikultur und die Bunjin, die Männer des Wortes, auch Literaten genannt, plädierten für einen neuen Stil, den Bunjin. Als Literaten bezeichnen wir auch heute noch Bäume, die sich mit einem hohen, leicht geschwungenen Stamm und wenig Astwerk, meist im oberen Drittel befindlich, präsentieren. Sie stehen in puristischen, oft recht flachen Schalen und vermitteln dem Betrachter auf eine sehr eindrucksvolle Art ein sehr bescheidenes und zugleich stolzes Bild. Es gibt in der Bonsaikunst zahlreiche Gestaltungsformen wie die sowohl streng- als auch frei aufrechte Form, Besenform, Floßform, Kaskade oder Pflanzung über Stein, um nur einige zu nennen. Seit Jahrhunderten bis heute gehören die Miniaturbäume zur japanischen Kultur und finden mittlerweile weltweit unter Bonsai-Enthusiasten große Anerkennung. Die schönsten Bonsai findet man in Japans Bonsaigärtnereien, die seit Generationen von Bonsaimeistern geführt werden und die auch Nachwuchs ausbilden. Die Lehrzeit eines Bonsailehrlings erstreckt sich über drei bis sechs Jahre und selbst das richtige Wässern der Bäume ist ein wichtiger Teil der Ausbildung. Der Amerikaner Michael Hagedorn beschreibt in seinem Buch "Der Bonsailehrling" auf eine sehr unterhaltsame Art seine Lehrzeit in Japan.

 

Wie keine andere Pflanze hat es der Bonsai verstanden, sich einen festen Platz in den Herzen seiner Anhänger zu sichern. Ist man erst einmal von diesen Miniaturbäumen gefangen, lassen sie einen nicht mehr los. Das Wohl der Bäume hat oberste Priorität, für die wir bereit sind große Opfer zu bringen. Das wohl berührendste Volksmärchen stammt aus Japan aus dem 14. Jahrhundert und erzählt von dem Prinzen Tokiyori, der Japan als fünfter Shikken regierte. Er war für seine gute Regierung berühmt und arbeitete an verschiedenen Reformen. So gibt es zahlreiche Legenden um seine Herrschaft, unter anderem Geschichten über seine Japanreisen, die er unternahm, um sich ein Bild von den tatsächlichen Verhältnissen und dem Alltag seiner Untertanen zu machen. Inkognito und als Bettelmönch verkleidet reiste Tokiyori im Winter über Berge durch den tiefsten Schnee und erreichte die bescheidene Behausung des verarmten Samurai Genzaemon Tsuneyo. Der Samurai führte ein sehr bescheidenes Leben ohne jeglichen Besitz und Genzaemon besaß nichts ausser seinen drei Bonsai, die ihm besonders am Herzen lagen. Der unterkühlte Tokiyori bat ihn um eine Übernachtung und der Samurai nahm den Gast selbstverständlich auf. Sein Stolz und seine Ehre konnten nicht zulassen, dass sein Gast fror und da er kein Brennholz mehr hatte, opferte er in dieser kalten Winternacht seine Bonsai als Feuerholz, um den Besucher warm zu halten. Nur ein Bonsai-Liebhaber kann sich vorstellen, welch großes Opfer es für den armen Samurai gewesen sein muss. Für diese selbstlose Geste und seine Gastfreundschaft belohnte ihn Tokiyori Monate später sehr großzügig. Die Erzählung ist in Japan zu einem beliebten Theaterstück geworden und im Laufe der Jahrhunderte wurde die Geschichte immer wieder auf Holzschnitten dargestellt. 

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